Die Piesinger Pilze – Teil 3

Die Piesinger Pilze – Teil 3

Nachdem wir die Bahn 1 der Piesinger Anlage mit Bravour gemeistert haben, ohne uns von dem Killer Amanita phalloides zu sehr beeindrucken zu lassen, überqueren wir zum ersten Mal auf unserer Runde den Haiminger Mühlbach und erreichen nach ca. 150 Metern den Abschlag der Bahn 2 (Par 3, 120/147 m).

Schaffen wir es, uns von den zwei Bunkern links vom Green fernzuhalten, so haben wir auch als durchschnittliche Golfer die Chance den Abschlag auf dem Green zu landen.

Sollten wir aber aus Respekt vor den beiden Green-Bunkern zu weit nach rechts geraten sein, so sollte uns das nicht zu sehr frustrieren, denn bei der Suche nach dem Ball in dem angrenzenden Buchenwäldchen könnten wir, bevorzugt im Spätherbst, auf den schönsten unserer Piesinger Pilze, nämlich den Fliegenpilz (Amanita muscaria) stoßen.

 

       
(Aufnahmen von F. Mayer)

 

Der Fliegenpilz ist einer unserer prominentesten Giftpilze, dessen Genuss in Extremfällen zum Tod führen kann. Er gehört zur Familie der Wulstlinge, der auch andere, tödlich giftige Arten, wie der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) und Pantherpilz (Amanita pantherina) angehören. Der wesentliche Giftstoff des Fliegenpilzes ist die Ibotensäure (1). Von ihr leitet sich eine Reihe von weiteren Giftstoffen ab, vor allem das Muscimol, das bei der Weiterverarbeitung der Pilze, z. B. durch Trocknung oder Erhitzen, aber auch bei deren Passage durch den menschlichen oder tierischen Verdauungstrakt aus der Ibotensäure entsteht. Muscimol ist besser verträglich als die Ibotensäure und hat eine stärkere halluzinogene Wirkung. Muscarin, dem der Fliegenpilz seinen lateinischen Namen verdankt, enthält er nur in verschwindend geringen Mengen.

Dass der Genuss von Fliegenpilzen rauschähnliche Zustände bewirkt, ist nicht erst durch den Vater von Kommissar Thiel (ARD, Tatort Münster) bekannt.

So haben sibirische Schamanen seit Jahrhunderten Fliegenpilze konsumiert um sich in einen ekstatischen Zustand zu versetzen. Zudem war der Fliegenpilz im 18. und 19. Jahrhundert in Sibirien eine Modedroge der gehobenen Gesellschaft und deshalb sehr teuer (1). Ärmere Leute, die sich den Pilz nicht leisten konnten versuchten deshalb, den Urin der „Primärkonsumenten“ aufzufangen und zu trinken (2), was ihnen ebenfalls angenehme Rauschzustände bescherte. Dies hatte zudem den Vorteil, dass die Übelkeit und Schwindel verursachende Ibotensäure durch die Körperpassage weitgehendst in Muscimol übergegangen war, das stärker halluzinogen wirkt, aber erheblich besser verträglich ist. Und standen mal keine Schamanen oder Damen und Herren der „High Society“ als Urinlieferanten zur Verfügung, so mussten schon auch mal Rentiere, die Fliegenpilze konsumiert hatten als solche herhalten (3).

Na dann „Prost“.

 

(Bericht vom 02.11.2019 von Dr. Franz Mayer)

 

Quellen:

  1. Kathrin Mock, www.planet-wissen.de; Der Fliegenpilz
  2. Bauer, E. Klapp, A. Rosenbohm, Der Fliegenpilz, Wienand Verlag, Köln 1991
  3. BBC Studios, Magic Mushrooms & Reindeer, Weird Nature – BBC Animals

 

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