Die Piesinger Pilze – Teil 2

Die Piesinger Pilze – Teil 2

Nachdem wir uns auf der Driving Range aufgewärmt haben nehmen wir Bahn 1, ein Par 5 mit 507 m Länge in Angriff. Schon der Abschlag stellt für den durchschnittlichen Golfer eine Herausforderung dar, denn es gilt einen Hang zu überwinden und eine Lücke zwischen den Bäumen an dessen Oberkante zu finden. Hat man dann erfolgreich zwei Fairwaybunker und einige Greenbunker passiert, kann man vom Green aus, so Jahreszeit und Witterung passen, an der Grenze zu der mit Brennnesseln bestandenen Au des Haiminger Mühlbaches den wohl
giftigsten Pilz unserer Region, den Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) sehen.

 

Grüner Knollenblätterpilz (Aufnahme von Thomas Glaser)

Der Grüne Knollenblätterpilz ist ein echter Killer. Die in ihm enthaltenen Giftstoffe (Amatoxine und Phallotoxine), die im Wesentlichen von dem deutschen Chemie-Nobelpreisträger Heinrich Wieland und dessen Sohn Theodor identifiziert wurden, zählen zu den stärksten Giften in der Natur. Der Pilz hat in Deutschland und Österreich sicher mehr Todesfälle verursacht als jeder andere Schwammerl. Sein prominentestes Opfer war Kaiser Karl VI, der Vater von Maria Theresia (1). Die größte Massenvergiftung ereignete sich wohl 1918 als 40 Kinder während eines Ferienlagers ein versehentlich aus Grünen Knollenblätterpilzen zubereitetes Gericht aßen. 31 von ihnen verstarben qualvoll, 9 trugen bleibende Schäden davon (2). Das heimtückische an Vergiftungen mit dem Grünen Knollenblätterpilz ist, dass erste Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe) erst nach 8 bis 40 Stunden auftreten. Nach einer trügerischen Erholungsphase von weiteren 12 bis 24 Stunden kommt es zunehmend zu schweren Leberschädigungen, die letztendlich zum Tode führen können. Trotz Fortschritten in der ärztlichen Notversorgung enden auch heute noch 5 – 12 % der Vergiftungen tödlich (1).

Grund genug für jeden Schwammerlsammler, sich die wesentlichen Merkmale des Grünen Knollenblätterpilzes einzuprägen. Diese sind:
– weiße, erst im Alter grüngelbliche Lamellen
– knollige Stielbasis, die in einer Hülltasche steckt
– lappige, gefaltete Manschette am Stiel (3).

Unser weiterer Weg führt uns jetzt an dem aus Presse und Fernsehen bekannten Abschlag 9 vorbei zur Bahn Nr. 2. Auch dort erwartet uns ein Giftpilz. Aber der ist unverwechselbar und gehört zu den schönsten Pilzen die unsere Golfanlage zu bieten hat. Über ihn berichten wir in der nächsten Folge der Serie „Die Piesinger Pilze“.

Franz Mayer
(Autor)

Quellen
(1) „Ein Pilz macht Weltpolitik“, www.pforzheim.de
(2) Ludwig Hinterthür, „Hallimasch und Butterpilz“, Ernst Wunderlich, Leipzig 1951
(3) „Ein Massenmörder unter uns“, www.passion-pilze-sammeln.de

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