Die Piesinger Pilze – Teil 9

Die Piesinger Pilze – Teil 9

Nach Verlassen des artenreichen Auwäldchens am Haiminger Mühlbach gelangt man zur Bahn 7, der wohl leichtesten der Piesinger Anlage, einem Par 3 von knapp 130 m Länge. Hier hat sich im Sommer 2018, also vor ziemlich genau fünf Jahren, Wundersames ereignet: Ein Senioren-Dreierflight schlägt ab und alle drei Bälle landen auf dem Grün. Das allein grenzt schon an ein Wunder. Aber es kommt noch dicker. Als die drei Spieler auf dem Grün ankommen, liegen da vier Bälle.

4 Bälle auf Grün 7 (Aufnahme: F. Mayer)

Erst bei allernächster Betrachtung findet dann das Wunder doch eine recht profane Erklärung. Ein vermeintlicher Golfball ist ein strahlend weißer Champignon, vermutlich ein Wiesenchampignon.

Egerling auf Grün 7 (Aufnahme: F. Mayer)

Champignons, auch Egerlinge genannt, kommen auf unseren beiden Golfanlagen relativ häufig vor. Sie sind, mit wenigen Ausnahmen, gute Speisepilze und so mancher Flight hat schon mal eine Pause eingelegt, um ein paar von ihnen für eine Mahlzeit zu sammeln. Dabei ist in zweierlei Hinsicht Vorsicht geboten. Zum einen hat der Wiesenchampignon einen giftigen Doppelgänger, den Karbol-Egerling. Er riecht, wie sein Name sagt, nach Karbol (antiquierter Ausdruck für Phenol). Problematisch kann die Tatsache sein, dass der Phenolgeruch am rohen Pilz kaum wahrnehmbar ist, sondern erst beim Erhitzen recht intensiv zutage tritt. Ein weiteres eindeutiges Merkmal des Karbolegerlings ist die beim Anschneiden, Brechen oder Drücken insbesondere an der Stielbasis eintretende Gelbfärbung (1).

Karbol-Egerling (Agaricus xanthoderma), (Aufnahme: T. Glaser)

Die sehr wohlschmeckenden Anis-Egerlinge färben sich beim Schaben oder Drücken der Huthaut ebenfalls gelb, riechen dabei aber mehr oder weniger intensiv nach Anis.

Schiefknolliger Anis-Egerling (Agaricus essettei), (Aufnahme: T. Glaser)

Der Karbol-Egerling kann massive Verdauungsprobleme verursachen, er ist aber nicht tödlich giftig. Sehr viel gefährlicher sind Verwechslungen der Egerlinge mit einigen tödlich giftigen Knollenblätterpilzen, vor allem dem Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) und hier insbesondere seiner rein weißen Form. Über den Knollenblätterpilz wurde in „Die Piesinger Pilze (2)“ berichtet (2). Jeder Pilzsammler sollte sich deshalb die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale zwischen  Knollenblätterpilzen und Egerlingen einprägen (3):


Lamellen:

Knollenblätterpilze: weiß, auch im Alter kaum nachdunkelnd

Egerlinge: rosa (jung) bis schwarzbraun (im Alter)


Stielbasis:

Knollenblätterpilze: deutlich knollig, in einer aufrechtstehenden Hülltasche (Scheide) steckend

Egerlinge: keulig, kaum deutlich knollig, ohne Hülltasche


Geruch:

Knollenblätterpilze: angenehm pilzartig, im Alter süßlich (Honig)

Egerlinge: geruchlos bis anis- oder bittermandelartig, selten karbolartig


Fazit: Nicht alles was wie ein Golfball aussieht, führt zu einem guten Score, dafür aber manchmal, so man die gebotene Vorsicht walten lässt, zu einer guten Pilz-Mahlzeit.

19.06.2023, Franz Mayer

Quellen

(1) w.w.w. passion-pilze-sammeln.com

(2) GC Altötting-Burghausen, Berichte der AG Biodiversität, Die Piesinger Pilze (2)

(3) T. R. Lohmeyer, U. Künkele, Pilze, Parragon, Bath UK (ISBN 1-40545-152-1)

Dank an Thomas Glaser für die kritische Durchsicht und Korrektur der Pilz-relevanten Passagen.